Mit zwei spektakulären und hochstehenden Finalspielen endeten die diesjährigen French Open. Und: Das Schweizer Tennismärchen fand eine unerwartete Fortsetzung. In diesem Artikel beleuchten wir das Turniergeschehen anhand von vier Hauptprotagonisten.
Timea Bacsinszky galt einst als Wunderkind, als Nachfolgerin einer Martina Hingis. Nach äusserst erfolgreichen Juniorenzeiten, wechselte sie mit 14 Jahren ins Profigeschäft und liess auch dort bald aufhorchen. Mit 17 Jahren qualifizierte sie sich bei den Zurich Open fürs Viertelfinale nach zwei Siegen über Top-Ten-Spielerinnen. Der Aufstieg in die Weltspitze schien vorprogrammiert...
Doch dann folgten schwierige Zeiten: Disput mit dem nationalen Verband, körperliche Probleme, doch viel schlimmer, Timea gehörte zu den Tenniskindern, mit einem dominanten Vater im Hintergrund. Tenniskinder, welchen vermittelt wird, dass der sportliche Erfolg so gut wie alles ist und sich dementsprechend fast nur über sportliche Ergebnisse definieren. Keine guten Voraussetzungen, um locker aufspielen zu können... Frankreich - Schweiz
So lautet die Finalbegegnung beim diesjährigen Davis-Cup-Finale. Frankreich hat den begehrten Titel bereits 9-mal gewinnen können, die Schweiz wartet noch auf den ersten Titelgewinn. 1992 stand die Schweiz zum bisher einzigen Mal im Finale. Nach heroischem Kampf unterlagen damals Marc Rosset und Jakob Hlasek den hochfavorisierten Amerikanern rund um Agassi, Sampras, Courier und John McEnroe. 2014 ist die Situation eine ganz andere. Mit Federer und Wawrinka haben die Schweizer die auf dem Papier besseren Einzelspieler, Frankreich ist dafür in der Breite wesentlich besser aufgestellt, hat den Heimvorteil, verbunden mit der freien Wahl des Belags. Im Vorfeld wird eine ganz ausgeglichene Partie erwartet. Doch am 15. November ändert sich alles schlagartig. Beim Masters in London kommt es im Halbfinale zur denkwürdigen Partie zwischen den beiden Schweizer Ausnahmekönnern. Beide zeigen sich in guter Form und liefern sich eine dramatische und über weite Strecken hochklassige Partie, welche fast drei Stunden dauert. Wawrinka ist dem Sieg ganz nahe, doch dann beginnt das grosse Nervenflattern. Insgesamt vier Matchbälle kann er nicht nutzen und patzt dabei am Netz. Bei den Matchbällen fehlen Geduld und Übersicht und so kann Federer die Partie noch drehen. Für Wawrinka eine ganz bittere Niederlage - kann er dies verkraften und bereits in wenigen Tagen wieder mit Ruhe und Selbstvertrauen auftreten? Federer seinerseits verletzt sich in der Schlussphase am Rücken und kann am darauffolgenden Tag nicht zum Finale gegen Novak Djokovic antreten. Was heisst das für den Davis-Cup der kommenden Woche? Kann Federer überhaupt antreten? Innert weniger Stunden haben sich die Vorzeichen im Hinblick auf das Finale gegen Frankreich gründlich verändert - dunkle Wolken sind über dem Schweizer Tennishimmel aufgezogen... Während Roger Federer in Kalenderwoche 43 seinen 6. Titel bei seinem Heimturnier in Basel feiern konnte, fanden bei den Damen bereits die WTA Finals statt. Für dieses Saisonabschussturnier qualifizieren sich jeweils die acht besten Spielerinnen der Jahreswertung. Im Unterschied zu allen anderen Turnieren wird zunächst im Gruppenmodus gespielt: Zwei Gruppen à 4 Spielerinnen, danach geht es mit den Halbfinals im K.O.-System weiter. Die Auslosung führte zu den beiden folgenden Gruppen:
Gruppe rot: Serena Williams, Simona Halep, Ana Ivanovic, Eugenie Bouchard Gruppe weiss: Maria Sharapova, Petra Kvitova, Agnieszka Radwanska, Caroline Wozniacki Hochspannung bereits in der Gruppenphase, da es in beiden Gruppen sehr eng zu und her ging - eine kurze Zusammenfassung der Ereignisse: Ganz anders die Situation bei Stanislas Wawrinka. Nach starkem Saisonbeginn, der epischen Partie gegen Novak Djokovic bei den Australian Open (siehe unseren Artikel dazu im April-Newsletter) und einer gelungenen Sandplatzsaison, geriet Wawrinka zuletzt zwar etwas ausser Tritt. In Wimbledon scheiterte er bereits in der Startrunde, in Gstaad musste er mit Rückenbeschwerden aufgeben und auch in Montreal und Cincinatti bei den beiden Masters 1000 Turnieren kam für den Romand das frühe Aus. Trotzdem zeigte er sich vor dem Start der US Open äusserst zuversichtlich und auch sein Trainer, Magnus Norman, sagte vor der 1. Rundenbegegnung gegen den unberechenbaren Radek Stepanek folgendes:
"Es sind nur kleine Dinge, die fehlten. In der vergangenen Woche konnten wir viel trainieren. Er schlägt den Ball hervorragend und das Selbstvertrauen ist wieder da." Und fügte hinzu: "Wir sind bereit für die US Open." Roger Federer gilt für viele Tennisexperten als bester Spieler aller Zeiten. Auch wenn solche generationenübergreifende Vergleiche schwierig und letztlich nur eine Spielerei sind, gehört Federer zweifellos zu den grössten Spielern des Sports. Über Jahre hat er das Tennis dominiert und eine Vielzahl an Rekorden aufgestellt. Bis zum heutigen Tag hat er 17 Grand-Slam-Titel gewonnen - so viele wie kein anderer Spieler. Seit seinem ersten Erfolg in Wimbledon im Jahre 2003 hatte Federer bei Grand-Slam-Turnieren 36-mal in Folge mindestens das Viertelfinale erreicht - eine unglaubliche Serie. Völlig unerwartet riss diese Serie diesen Sommer, als Federer in Wimbledon sensationell in Runde 2 dem Ukrainer Sergej Stachovski unterlag. In einer englischen Zeitung, dem Guardian, war danach zu lesen: "Der grösste Schock in der Geschichte der Männer-Grand-Slams."
Bis dahin war Federers Saison eher enttäuschend verlaufen, doch nach dem Gewinn des Vorbereitungsturniers in Halle zählte er zum engsten Favoritenkreis. Bei den Australien Open 2013 kommt es im Achtelfinale zur Begegnung zwischen dem Weltranglistenführenden und Titelverteidiger Novak Djokovic und Stanislas Wawrinka. Djokovic ist der klare Favorit und zeigte sich in den Runden zuvor in sehr guter Form. Auch Wawrinka fand gut ins Turnier und musste bis zum Achtelfinale ebenfalls keinen einzigen Satz abgeben. Für Wawrinka alles andere denn eine Selbstverständlichkeit, da er häufig unkonstant spielt und sich als "Marathon-Mann" einen Namen gemacht hat. Vor der Partie zeigt sich der Westschweizer denn auch selbstbewusst und sagt "er sei bereit".
Und wie er bereit ist. Wawrinka beginnt hervorragend. Er ist derjenige, der die Ballwechsel diktiert und oft mit Gewinnschlägen abschliesst. Djokovic ist fast permanent in der Defensive. Nach 25 Minuten ist der erste Satz vorbei und geht mit 6:1 an Wawrinka - ein Paukenschlag. Auch in Satz 2 hat der Romand lange Zeit Vorteile und führt mit Break 5:2. Beim Stande von 5:3 kann er zu einer 2:0 Satzführung aufschlagen. Doch dann unterlaufen ihm Fehler, welche er zuvor nicht begangen hat. Djokovic kann verkürzen und kommt seinerseits immer besser ins Spiel. Nach hartem Kampf gelingt ihm der Satzausgleich. Der dritte Satz verläuft ziemlich ausgeglichen, ein Break entscheidet zu Gunsten des Serben. Die ATP-Saison 2012 geht mit einer spektakulären und hochstehenden Partie zu Ende. Im Finale der ATP World Tour Finals 2012 stehen sich mit Novak Djokovic und Roger Federer die beiden Weltranglistenersten gegenüber. Es ist eine Partie auf Augenhöhe, die hin und her wogt. Federer findet deutlich besser in die Partie als sein Widersacher und geht rasch mit 3:0 in Führung. Doch Djokovic findet zu seinem Rhythmus. Nach zwei Breaks führt er seinerseits plötzlich mit 5:4 und schlägt zum Satzgewinn auf. Bei 40:30 kommt er zu einem Satzball, kann diesen jedoch nicht verwerten. Wenig später gelingt Federer das Re-Break. Der Satz ist wieder offen und wird im Tie-Break entschieden. Bei 5:6 und Aufschlag Federer hat Djokovic seinen zweiten Satzball. Was folgt ist ein Ballwechsel, der das Stadion zum Beben bringt. Federer kann den zweiten Satzball mirakulös abwehren. Er jubelt über diesen atemberaubenden Punktgewinn, auf der andern Seite blickt Djokovic fassungslos in Richtung seiner Box. Es werden die Seiten gewechselt, das Momentum scheint wieder gewechselt zu haben und auf Seiten Federers zu sein. Doch dann trifft Federer eine fragwürdige Entscheidung, als er unmittelbar nach seinem Aufschlag, auf einen langen Return mit der Rückhand zu einem Longline-Winner ansetzen möchte und diese deutlich ins Seitenaus setzt. Djokovic nutzt anschliessend seinen dritten Satzball und sichert sich einen turbulenten ersten Satz nach über einer Stunde Spielzeit.
Zum zweiten Mal nach 2011 wurden die WTA Championships in Istanbul ausgetragen, für welche sich jeweils die acht besten Spielerinnen der Saison qualifizieren. Die Türkei ist nicht gerade eine Tennisnation, als Austragungsort für diesen Anlass hat sich Istanbul jedoch eine hervorragende Note verdient. Alle Spielerinnen zeigten sich begeistert über das enorme Zuschauerinteresse, über die Stimmung in der Halle und die ganze Organisation des Anlasses.
Die Auslosung ergab die folgenden beiden Gruppen: Gruppe weiss: Maria Sharapova, Agnieszka Radwanska, Petra Kvitova, Sara Errani Gruppe rot: Victoria Azarenka, Serena Williams, Angelique Kerber, Na Li 2012 ist das Jahr, in welchem Andy Murray der ganz grosse Durchbruch gelungen ist. Der Brite zählt seit Jahren zur Weltspitze und hatte in der Weltrangliste Platz 4 gewissermassen abonniert hinter Federer, Nadal und Djokovic. Vom spielerischen Potential her hat man ihm jedoch schon lange zugetraut den ganz grossen Wurf zu realisieren, doch Murray scheiterte in der Vergangenheit oft an sich selbst. In den entscheidenden Spielen blieb er unter seinen Möglichkeiten. Auf dem Platz sah man viele negative Reaktionen, wenn Murray mit seinem Spiel haderte, die Konzentration und den Glauben an seine Fähigkeiten verlor.
Seit Beginn des Jahres hat Andy Murray eine Veränderung in seinem Umfeld vorgenommen und arbeitet seither mit der einstigen Tennisgrösse Ivan Lendl zusammen. Und siehe da: bereits nach einigen Wochen war bei Murray ein Wandel zu erkennen. Bei den Australien Open scheiterte er zwar in einer dramatischen und hartumkämpften 5-Satz-Partie an Novak Djokovic und doch war Murrays Auftreten ein ganz anderes. Die Körpersprache war positiver, die negativen Selbstgespräche waren weit weniger zu sehen, er wirkte fokussierter und mit dem Glauben eine Partie noch wenden zu können. |